Reisegeübt habe ich unsere England-Reise gut vorbereitet. Meine Frau kümmert sich um das Handgepäck. Mit zwanzig Personen aus England, Deutschland, der Schweiz, der USA, Kanadas und Österreichs begehen wir heuer eine Woche lang nach 57 Jahren die Wiederkehr unseres gemeinsamen Internationalen Jugendrotkreuz-Treffens. Ich freue mich schon sehr darauf, die alten Freunde zu treffen. Meine Frau befürchtet, dass das nicht so einfach sein wird. Ich bin unbesorgt, kann ich doch ausreichend Englisch. So weit, so gut!
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Wir fliegen direkt von Wien nach Birmingham. Von da kommt man mit zwei Bahnfahrten nach Worcester. Das ist nicht ganz einfach. Mit vielem Nachfragen und etwas Herumirren, um den jeweils richtigen Bahnsteig zu finden, gelingt es uns jedoch.
Die Heimreise nach Wien machen wir stressfrei um sechs Uhr früh mit einer Taxi-Fahrt zum Flughafen Birmingham, sodass wir uns die ungewissen Bahnfahrten ersparen. Wir sind um 6:45 Uhr am Flughafen, trinken einen Tee, was in England empfehlenswert ist, und sitzen dabei auf angenehmen Sitzgelegenheiten. Wir müssen warten, weil unser Flug zunächst ohne Nennung des Gates am Monitor für den Abflug um 8:30 Uhr angekündigt ist. Als die Angabe auf Einchecken am exakten Terminal springt, begeben wir uns ohne Aufenthalt auf den Weg dorthin.
Wir passieren die Sicherheitskontrolle, das heißt: wir möchten gern. Dabei stoßen wir auf Hindernisse. Wie üblich muss ich den Gürtel ablegen. Da ich aufgrund eines unvorhergesehenen Durchfalls Gewicht verloren habe, rutscht mir die Hose über die Hüfte herunter, was die weibliche Sicherheitsbeamtin zum schuldbewussten und verlegenen Lächeln veranlasst. Den weiteren Weg bewältige ich mit Hochhalten meiner Hose, die ich beim körperlichen Check durch breitbeiniges Stehen ersetzen muss. Wir beide sind durch, aber die beiden Reise-Taschen sind in eine Sackgasse gelaufen. Während ich mühsam den Gürtel, der eigentlich für meinen reduzierten Leibesumfang nicht geeignet ist, wieder anlege, wartet meine Frau darauf, beachtet zu werden. Tatsächlich nimmt einer der Beamten die erste Tasche in die Hand, öffnet und durchwühlt sie. Er findet Flüssigkeiten, die wir trotz Nachfrage guten Gewissens nicht angegeben hatten. Eine hier gekaufte Nivea-Creme wird - weil zu groß - vor unseren Augen entsorgt ebenso wie die Marmelade, die wir hier geschenkt erhalten hatten. In der zweiten Tasche findet der freundliche Herr das Parfum meiner Frau, Geschenk einer Freundin, und entsorgt es ebenso genüsslich, wie uns scheint. Ein zweiter Durchlauf unseres Handgepäcks offenbart dessen „Reinheit“, waren doch zuvor ein Fläschchen Odol, eine Zahnpaste und ein Lippenstift in ein Plastiksäckchen abgesondert worden.
Während dieser Zeit springt der Aufruf auf „Last Boarding Time“. Wir eilen daher schnurstracks zum Gate. Aber die zwei vom Bodenpersonal stoppen uns mit dem Hinweis, dass wir nicht mehr zugelassen werden. Meine Frau bekommt einen Weinkrampf und die Beiden begleiten uns auf einem extrem langen Umweg in vergnügtem Gespräch untereinander zur Ankunftshalle, wo wir unsere Umbuchung vornehmen können.
Da wir nicht bis zum nächsten Tag warten wollen, wird uns mit dem Hinweis auf einen zusätzlichen Ticket-Preis von €650,00 ein Lufthansa-Flug angeboten. Ich soll diese Umbuchung von hier aus telefonisch in Auftrag geben. Durch meine Schwerhörigkeit, gepaart mit ungeübtem englischen Englisch sehe ich mich dazu außerstande. Meine Frau schluchzt noch immer und erklärt, dass unsere Tochter krank ist und im Krankenhaus liegt. Eine zweite Schalterbeamtin erbarmt sich und organisiert unsere Heimreise. Währenddessen weitet sich mein Durchfall zum Äußersten aus und verlangt entsprechende Maßnahmen. Den neuen Security-Check passiere ich diesmal mit angelegter Uhr, aber nicht ohne Auspacken meiner vorher nicht beachteten Geldtasche. Wir freuen uns, trotz des zusätzlichen dreieinhalb-fachen Ticketpreises in einer Maschine zu sitzen, die uns - wenn auch mit Zwischenlandung in Frankfurt - heimbringen wird. Beim dortigen Auschecken in die Transferzone wird uns der Gate genannt. Die Abflugzeit hier ist sehr knapp bemessen. Daher müssen wir unsere Gangart nach dem neuerlichen Security-Check, bei dem meine Frau die Schuhe ausziehen muss, auf Laufen ändern. Eine vorgesehene Schleife vermeiden wir durch Zivilcourage meiner Frau mit Unterlaufen der Absperrung. Ein Wachtposten weist uns zurecht: „Sie haben ohnehin Zeit genug, aber o.k.!“ Nach einem Wettlauf mit der Zeit über eine Strecke, die dem Größenverhältnis der Flughäfen zwischen Frankfurt und Birmingham entspricht, trage ich dabei auch die beiden Reisetaschen. Als wir am Gate ankommen, stellen wir tatsächlich fest, dass wir genug Zeit gehabt hätten, war doch der Abflug - ohne unser Wissen - um eine halbe Stunde verzögert. Beim Betreten des Flugzeugs werden wir wiedererkannt. Dieselbe Crew vom Flug aus Birmingham begleitet uns weiter nach Wien. Zum Glück haben wir unser Handgepäck dabei und ich kann ein gebrauchtes Hemd herausnehmen und das völlig durchnässte ausziehen.
Dieser Reisetag hat uns - bejahrt wie wir sind - völlig erschöpft. Gemeinsam beschließen wir, künftig Flugreisen aus unserem Repertoire zu streichen.
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